Und plötzlich war das Licht aus – V.a. Synkope… oder doch ein Kollaps?

In der präklinischen, aber auch in der innerklinischen Versorgung werden Begriffe wie Synkope, Kollaps und Präkollaps oft zusammen genannt und auch als Synonym verwendet. Aber ist es auch wirklich das gleiche Krankheitsbild und passt dieses Wording dann auch zu jedem Ohnmachtsanfall, dem wir begegnen?

Von mir ein klares „Nein“ und das werde ich auch erklären warum. Damit es noch verwirrender wird, werfe ich noch einen Begriff in die Runde: und zwar den Transient loss of consciousness oder kurz TLOC. Dieser ist der Oberbegriff für alle vorübergehenden kurzen Bewusstseinsverluste.

Damit wir im Weiteren alle das gleiche mentale Modell haben, klären wir zu Beginn einmal die Definitionen der verschiedenen Begriffe.

Synkope:
Die Synkope beschreibt den vorübergehenden Bewusstseinsverlust infolge einer zerebralen Hypoperfusion. Diese kennzeichnet sich durch rasches Eintreten, eine kurze Dauer und eine spontane und vollständige Erholung. Eine Synkope kann mit einem Krampfanfall verwechselt werden, da es bei einer konvulsiven Synkope zu krampfartigen Zuständen kommt. Dies ist wahrscheinlich aufgrund der kurzen zerebralen Hypoxie.

TLOC:
Transient loss of consciousness ist ein echter oder scheinbarer Bewusstseinsverlust, gekennzeichnet durch eine Amnesie für die Dauer der Bewusstlosigkeit, motorische Einschränkungen, Verlust der Ansprechbarkeit und eine kurze Dauer.

Kollaps:
Unter dem Kollaps wird der Verlust des Muskeltonus ohne ein vollständigen Bewusstseinsverlust verstanden.

Bewusstlosigkeit:
Zu guter Letzt fehlt noch die Definition der Bewusstlosigkeit. Diese ist ein Bewusstseinsverlust, der deutlich länger andauert.

Somit wäre dem Begriffe-Dschungel so weit mal Einhalt geboten. Hoffentlich. Wenn nicht nutzt gerne die Kommentarspalte, um weiter ins Detail zu gehen!

Wir können uns der Diagnose, der Risikoeinschätzung und Maßnahmen eines Ohnmachtsanfalls widmen.

Zu Beginn unserer Beurteilung geht es darum, alle Eventualitäten zu erwägen. So kann ein TLOC traumatisch und nicht traumatisch sein. Diese Einteilung fällt oftmals noch leicht. Weiters teilen sich die nicht traumatischen TLOCs in Synkope, epileptische Anfälle, psychogene TLOCs und noch weitere seltenere Ursachen. In diesem Blogpost möchte ich mich vor allem der Synkope widmen. Diese wird jetzt genauer durchleuchtet. Die Synkope hat 3 verschiedene Klassifikationen.

Die Reflexsynkope:

Ist eine Synkope infolge eines vasovagalen Reiz. Dies kann durch emotionalen Stress, Furcht, langes Stehen oder auch situativ bei der Miktion, Husten, Niesen und körperliche Anstrengung vorkommen. Dieses Phänomen ist durchaus bekannt. Typischerweise sind Personen betroffen die lange in einem warmen Raum stehen, die daraufhin synkopieren. Klassische Situationen sind die Angelobung beim Bundesheer oder auch bei einem Konzert der Blasmusik.

Synkope durch orthostatische Hypotonie:

Wir alle kennen den Tunnelblick beim zu schnellen Aufstehen. Durch Einflüsse wie Medikamente (Diuretika, Vasodilatatoren) oder Volumenmangel durch Diarrhö und Erbrechen kommt es bei einer schnelleren Lageveränderung zu einer exzessiven Blutdruckabfall und somit zu einer zerebralen Hypoperfusion.

Kardiale Synkope:

Das sind Synkopen, die durch eine Pathologie des Herzens ausgelöst werden. Typisch sind hier Herzrhythmusstörungen wie AV-Blockierungen, VT oder SVT. Ebenso können strukturelle Herzerkrankungen wie Myokardinfarkt, hypertrophe Kardiomyopathie oder Herzklappenfehler pathophysiologisch sein.

Die verschiedenen Arten der Synkopen zeigen, dass es Situationen gibt, wo es eines genaueren Blickes bedarf.

Doch woran werden die kritischen und die nicht kritischen Synkopen erkannt?
Durch ein genaues Monitoring und eine sorgfältige Anamnese erhalten wir Hinweise, die eine Richtung geben, um welche Art der Synkope sich handeln könnte.

Im Nachfolgenden ist die Rede von grünen und roten Synkopen. Dies sind Ausdrücke um die Dringlichkeit und das Risiko ist. “Grün” ist also nicht kritisch und “rot” ist als kritisch zu erachten.

Anhand des Ereignisses:

Für eine grüne, also nicht kritische, Synkope spricht die Anwesenheit von Prodromi (Schwindel, Übelkeit, Wärmegefühl, Schwitzen), sowie mögliche Auslöser wie langes Stehen, während oder nach der Mahlzeit oder schnelles Aufstehen.

Für eine rote, also kritische, Synkope spricht neu aufgetretene Schmerzen im Thorax, Abdomen oder im Kopf, sowie eine Synkope unter Belastung oder im Liegen.

Anhand der medizinischen Vorgeschichte:

Rezidive Synkopen mit Merkmalen für ein geringes Risiko oder das Fehlen einer bekannten Herzerkrankung, spricht hier für eine grüne Synkope.

Bei einer bekannten strukturellen Herzerkrankung ist das Risiko für ein schwerwiegendes Ereignis vorhanden.

Anhand der körperlichen Untersuchung:

Wenn der Blutdruck unerklärlich unter Systole 90mmHg ist, Hinweise auf eine gastrointestinale Blutung oder eine persistierende Bradykardie besteht, spricht das für eine rote Synkope. Im Rahmen der Synkopenabklärung ist eine Auskultation des Herzens interessant. Ein systolisches Geräusch kann auf eine Aortenstenose oder Mitralklappeninsuffizienz deuten.

Fokussierter Ultraschall:

Die Anwendung eines Ultraschalles kann ebenso auf Entitäten hindeuten, die eine Synkope auslösen. Wichtige Befunde hierbei sind die Herzbeuteltamponade, Hypovolämie und innere Blutungen.

Anhand des EKGs:

Akute Ischämie-Zeichen, AV-Blockierungen, Sinusbradykardie (<40/min), intraventrikuläre Leitungsstörungen, bestehende oder nicht anhaltende VT, Brugada-Muster oder eine QTc-Zeit über 460ms sind Anzeichen einer kardialen Synkope (rote-Synkope), die als kritisch zu werten ist.

Mit dem Akronym CHESS können rote bzw. kritische Synkopen schnell erkannt werden:

Congestive Heartfailure
Hämatokrit/Hämoglobin (also Blutverlust)
EKG-Anomalie
Shortness of Breath
Systolischer Blutdruck < 90mmHg

Therapie der Synkope:

Da die Synkope viele Ursachen haben kann ist die Behandlung genauso vielfältig. Besteht zum Beispiel eine hochgradige AV-Blockierung, muss ein Schrittmacher eingesetzt werden. Für die Präklinik wird sich die Therapie darauf begrenzen, dass eine lückenlose Anamnese und Untersuchung stattfindet so wie eine symptomorientierte Behandlung.

Conclusio:

Synkopen werden oft als Bagatell-Einsätze gesehen, vor allem wenn Einsätze wie „Ohnmachtsanfall-ansprechbar“ auf dem Melder erscheinen. Dennoch ist es bei Synkopen durchaus sinnvoll genau hinzuschauen, einen möglichen Auslöser zu finden und weiters geeignete Maßnahmen zu setzen. Mit diesen Informationen kann dann auch das passende Zielkrankenhaus gewählt werden. Besonders wichtig ist die Anamnese mit dem*r Patienten*in und eventuell auch den Angehörigen, um das Ereignis einzuordnen. Bei Fremdanamnesen muss beachtet werden, dass Zeitangaben oftmals zu lang angegeben werden, da die Angehörigen im Stress sind und solche Situationen für einige sehr erschreckend sind.

Take Home-Message:

  1. Jede kurze Bewusstlosigkeit ernst nehmen
  2. EKG-Beurteilung Synkopen (Hilfe früh anfordern)

Für Interessierte kann ich die ESC-Guidelines zur Synkope von 2018 empfehlen. Ebenso wird man bei Nerdfallmedizin fündig.

Quellen:

https://leitlinien.dgk.org/files/11_2018_pocket_leitlinien_synkope.pdf

sowie das Buch:
Georg Thieme Verlag KG, and Verlag. retten – Notfallsanitäter. 1. Auflage, 2023


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